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Der Kakaoversteher

25 Okt
Vicente Norero, Camino Verde © Sarah Krobath

Vicente Norero, Camino Verde © Sarah Krobath

„Nicht ausspucken!“, stößt Vicente bestürzt aus und der Mann mit der Machete neben ihm sieht mich ebenfalls entgeistert an, als ich die frische weiße Kakaobohne nach ausgiebigem Lutschen und Aufsaugen des tropisch-fruchtigen Aromas auf den Boden des Kakaowaldes spucke. Oh Gott, habe ich den Manager von Camino Verde jetzt beleidigt? Hätten sie die vom Fruchtfleisch befreite Bohne etwa noch weiterverwenden wollen? Aber nein, beruhigt mich Übersetzer Christian . Hier wachse Kakao lediglich außergewöhnlich gut, so dass man richtig aufpassen müsse, dass nicht irgendwo ein ungeplanter Kakaobaum aus dem Boden schießt und die Ordnung im Wald durcheinander bringt.

Kevin Kugel und Vicente Norero mit Criollo Kakao

Kevin Kugel und Vicente Norero mit Criollo Kakao © Sarah Krobath

Ordnung ist auf der Plantage von Vicente Norero in Balao ungemein wichtig. Die Bäume in seinem „Labor“, wie er die 5 Hektar große Fläche abseits der restlichen schier endlosen Plantage nennt, auf der er Kakaobäume ausschließlich zum Studieren anbaut, sind in alle Windrichtungen komplett linear ausgerichtet. Das sorge nicht nur für eine bessere Sonneneinstrahlung und einen guten Luftzug, der es Schädlingen ungemütlich mache, sondern auch für eine konkrete Ernte, weil die Plantage Bahn für Bahn abgegangen werden kann. „Agua, Frutta, Tierra“, fasst Vicente kurz zusammen, worauf es beim Kakaoanbau vor allem ankommt. Von diesen drei sei Wasser das wertvollste Gut, betont er. Auf der „Labor-Plantage“ testet Camino Verde aktuell zwei Bewässerungssysteme – ein Sprühsystem zum ungefähren Preis von 3$ und ein Schlagsystem, das sich um 1$ auch kleine Kakaobauern leisten können. Die Zusammenarbeit mit letzteren ist Vicente besonders wichtig. Im Rahmen eines Sozialprojektes bilden sie Kleinbauern aus, kaufen ihnen ihren Kakao anschließend ab und vertreiben ihn unter einer eigenen Kategorie neben ihrem eigenen weiter. „Letztens wollte ein Bauer statt Geld für seine Bohnen lieber weitere Pflanzen und Dünger, um seinen Anbau zu vergrößern“, berichtet Vicente. Überall am Gelände ragen Teststutzen aus dem Boden. Diese sogenannten Zeugen, messen die Wasserversorgung und Düngung der Erde. Auch die Bewegung der Schwermetalle ließe sich mit ihrer Hilfe untersuchen. Anhand der daraus gewonnenen Erkenntnisse können die Düngerhersteller neue natürliche Dünger herstellen, die mindestens genauso gut funktionieren wie Chemikalien, so Vicente.

Kakao-Anbaugrundstück von Camino Verde © Sarah Krobath

Kakao-Anbaugrundstück von Camino Verde © Sarah Krobath

Kevin, Sylvia, Christian, Vicente und ich steigen in den Bus und kommen nach 20 Minuten Fahrt – alles innerhalb des Geländes von Camino Verde – bei einem Grundstück mit der Kennzeichnung „Lote 7 B1“ an. Das Unternehmen hat alle Anbauflächen penibel nach Nummer, Fruchtsorte und deren Geschmack klassifiziert und gekennzeichnet. Bei „B7“ handle es sich um besonders fruchtigen Kakao wie wir bald feststellen.

Kakaofrüchte Camino Verde © Sarah Krobath

Kakaofrüchte Camino Verde © Sarah Krobath

„Woraus besteht eigentlich Kakao?“, wendet Vicente die Frage an uns. In meinem Kopf geistern verschiedene Antwortmöglichkeiten aus der Schokolade-Prüfung – übrigens meine erste an der Universität der Gastronomischen Wissenschaften – herum: Samen, Fruchtfleisch und Schale? Feststoffe und Kakaobutter? Theobromin? Vincente bemerkt unsere ahnungslosen Blicke und erlöst uns schließlich. Der rohe Kakao sei besonders reich an Magnesium, Eisen und Kalzium – für Eisen und Magnesium ist die Frucht sogar die höchste pflanzliche Quelle und damit ein Superfood. Dass anders als bei Bananen kaum einer wisse, aus welchen Nährstoffen sich Kakao zusammensetzt, sei gerade das Problem, so Vicente. „Wenn der Produzent das nicht weiß, dann weiß er auch nicht wie er richtig düngen soll.“ Wie gut sich ein Produzent wirklich mit Kakao auskennt, ließe sich ganz einfach testen, weiht er uns ein.

Chocolatier Kevin Kugel riecht an der Schale © Sarah Krobath

Chocolatier Kevin Kugel riecht an der Schale © Sarah Krobath

Jemand, der etwas von Kakao versteht, schneidet die Frucht so auf, dass die Samenreihe im Inneren nicht beschädigt wird und lässt einen anschließend nicht an den Samen, sondern an der leeren Hülle riechen. Während das Aroma der Samen viel zu konzentriert sei, könnte man an der Hülle das Zusammenspiel von Wasser und gesunder Erde riechen. Er greift nach einer reifen gelben Kakaofrucht, borgt sich von einem Mitarbeiter die Machete aus und öffnet die Frucht gekonnt mit zwei Schlägen an den Spitzen und weiteren zwei längs Frucht entlang. Dann reicht er uns die Schalenhälfte mit den frischen, weißen Kakaobohnen zum Probieren – ein weiterer Test.

Frische Kakaobohnen in der Schale © Sarah Krobath

Frische Kakaobohnen in der Schale © Sarah Krobath

Um das Aroma ideal wahrnehmen zu können, sollte man immer eine Bohne aus der Mitte nehmen, an den Enden sei die Konzentration zu hoch und würde das eigentliche Aroma verfälschen. Auf die Frage „Wonach schmeckt eigentlich Kakao?“ bekommt man in Ländern, in denen die tropische Frucht nicht wächst, häufig „Schokolade“ zur Antwort. Dabei ist es natürlich genau andersherum. Das Endprodukte Schokolade schmeckt nach dem Kakao, der dafür verwendet wurde. Und beim Naturprodukt Kakao gibt es große Unterschiede. Die fangen bereits bei der Optik an: Während die einen flaschenförmig, mit tiefen Rillen und spitzen Enden sind, kommen andere komplett glatt und abgerundet mit dünner Schale daher – von den vielen unterschiedlichen Farbtönen ganz zu schweigen.

Verschiedener Kakao von einer Anbaufläche © Sarah Krobath

Verschiedener Kakao von einer Anbaufläche © Sarah Krobath

Wir gehen in medias cacao und kosten uns durch. Die erste Kakaobohne, die uns Vicente zum „Lutschen, nicht kauen!“ reicht, schmeckt nach Banane und Mango. Die nächste riecht sehr grün, sie schmeckt blumiger und nach Kräutern. Eine andere erinnert an Grapefruit mit einer präsenten Säure, die nächste hat was von einem besseren Nimm-2-Bonbon. Gegen ihre Vorgänger stinkt die letzte Bohne, die wir probieren, mit ihrer Wässrigkeit, Säure und einem kurzen Abgang ziemlich ab. Gibt man davon aber 3-5% zu einer Schokolade hinzu, verleiht sie ihr Charakter, klärt uns Vicente auf.

Wir steigen wieder in den Bus und fahren den dicht bewachsenen grünen Weg entlang, von dem die Plantage ihren Namen hat, vorbei an Biokakao und konventionellem Kakao. Warum Camino Verde nicht nur Bio anbaut, fragen wir. Die Antwort: Bei biologischem Kakao variiere der Geschmack stärker und ließe sich nicht so gut kontrollieren wie im konventionellen Anbau, viele Chocolatiers würden aber diesen gleichbleibenden Geschmack wünschen. Ich wundere mich, ob es in Ecuador wohl ähnlich wie bei uns Subventionen für Bio-Landbau gibt und ernte Kopfschütteln. In manchen Kakaowäldern erspähen wir auch Bananenbäume. Ähnlich wie Mina von Rancho Grande glaubt auch Vincente daran, dass andere Pflanzen den Grundgeschmack eines Kakao abwandeln können. Er weiß es sogar genau und kennt den wissenschaftlichen Grund dafür: Hybride durch Fremdbestäubung.

Bienen im Kakaowald © Sarah Krobath

Bienen im Kakaowald © Sarah Krobath

Wenn Vicente von seinem Kakao spricht, dann nicht wie viele andere Produzenten von Nacional, sondern stets von Neonacional. Die ursprüngliche Edelkakaosorte Criollo habe sich im Laufe der Zeit genetisch verändert und sei in ihrer reinen Form heute kaum noch vorhanden. Beim dem, was heute in Ecuador wachse, handle es sich um Nachfahren des ecuadorianischen Nacional-Kakaos, Neonacional eben.

Survival of the fittest im Kakaogewächshaus

Camino Verde Gewächshaus © Sarah Krobath

Camino Verde Gewächshaus © Sarah Krobath

„Pflanzen aus dem Labor sind ideale Bedingungen gewohnt, im Feld aber sterben sie leicht“, erfahren wir beim Betreten des großen grünen Zeltes, in das uns Vicente mitnimmt. Auf beiden Seiten des schmalen Weges stehen kleine Kakaobaumsetzlinge, im Zentrum des Zeltes gehen zwei Männer an einem Tisch ihrer Arbeit nach. Weil Camino Verde insbesondere im Bio-Anbau nur starke Pflanzen ins Leben im Kakaowald entlassen möchte, werden sie hier einer Reihe an abhärtenden Maßnahmen unterzogen, die Vicente mit dem Film „300“ vergleicht.

Mitarbeiter beim "Injerto" © Sarah Krobath

Mitarbeiter beim „Injerto“ © Sarah Krobath

Statt wie im Film nur ein Prozent, überleben hier glücklicherweise immerhin 70-80% der Jungpflanzen. Mitarbeiter Gavino erklärt uns den Prozess des Injerto, zu Deutsch: Propfen. Ähnlich wie wir es in Europa mit unseren Obstbäumen machen, werden in Ecuador Kakaobäume veredelt und dabei starke Pflanzen („Patron“) mit produktiveren Verbunden. Bei Camino Verde wird nach den Mondphasen (Demeter) ein Zweig des Kakaosetzlings abgeschnitten und mithilfe von Bast mit dem Trieb eines anderen Kakaobaums verbunden.

Injerto - Pfropfung © Sarah Krobath

Injerto – Pfropfung © Sarah Krobath

Anschließend geht der Härtetest für die jungen Pflanzen los und sie werden unter Stress gesetzt: Zunächst werden ihnen die Blätter abgeschnitten und damit quasi ihre Lungen halbiert. Danach werden sie in einen Sack gesteckt und darin bis zu 35° Celsius ausgesetzt. Im Anschluss dürfen sich die Überlebenden in einem Folientunnel akklimatisieren.

Schritt 1 der Abhärtung: halbierte Blätter

Schritt 1 der Abhärtung: halbierte Blätter

Schritt 2: Ab in den Sack

Schritt 2: Ab in den Sack

Schritt 3: Die Pflanzen dürfen sich erholen

Schritt 3: Die Pflanzen dürfen sich erholen

Ich komme mit dem Staunen, Fragen und Notieren kaum nach, so unbegrenzt wie das Wissen aus Vincente heraussprudelt. Wer so viel Ahnung von Kakao und seinem Anbau hat, der hat bestimmt Agrarwissenschaften studiert, mutmaße ich. Weit gefehlt. Beim Mittagessen in einem von zwei Häusern aus dem Jahre 1960, in denen Camino Verde auf der Plantage Touristen, aber auch Firmen beherbergt und Seminare abhält, erzählt uns Vincente mehr über seinen ungewöhnlichen Werdegang.

Botanischer Garten mit Unterkunft Camino Verde © Sarah Krobath

Botanischer Garten mit Unterkunft Camino Verde © Sarah Krobath

Als gelernter Wirtschaftswissenschaftler hatte er mit Landwirtschaft oder Kakao zunächst rein gar nichts am Hut. Seine Frau aber stamme aus einer Familie mit über hunderjähriger landwirtschaftlicher Tradition und langer Erfahrung im Kakaoanbau. Erst acht Jahre sei es her, dass die beiden die Plantage, die zuvor 16 Jahre lang verwildert war, übernommen haben und Ordnung in den Urwald gebracht haben. Heute zählt das Unternehmen 500 Mitarbeiter, exportiert Kakao auch nach Europa und ist der größte Produzent von Bananen in ganz Südamerika. Von Neugier und der Ambition angetrieben, Kakao zu verstehen und so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln, hat sich Vincente in den vergangenen acht Jahren alles angeeignet, was er heute über Kakao weiß. Über seinen richtigen Anbau, der 50 Prozent eines guten Produktes ausmacht, und die Weiterverarbeitung des Kakao. Aber darüber mehr im nächsten Blogpost aus „Ecuador – der Heimat der besten Schokolade“*.

* Titel der internationalen Kampagne des Außenhandelsministeriums Ecuador

Arriba? Abajo? A gusto!

23 Okt
Camino Verde, Testgarten © Sarah Krobath

Camino Verde, Testgarten © Sarah Krobath

Die Geschichte vom Cacao Arriba geht so: Früher, bevor es ein gut ausgebautes Straßennetz gab, wurden große Mengen Kakao über den Flussweg transportiert – flussabwärts, um genau zu sein. Die Antwort auf die Frage, wo der Kakao herkomme, war demnach „arriba“, also flussaufwärts. Einer Legende zufolge soll auch noch ein Schweizer involviert gewesen sein, der ein mit Kakao beladenes Segelboot auf dem Fluss Guayas beobachtet hat. Mit der Zeit hat sich jedenfalls die Ansicht verbreitet, dass der Kakao flussaufwärts zwischen Vinces und Guayaquil besonders gut sein soll. Soviel zum Ursprung des Namens. Die restliche Geschichte rund um Arriba erzählt hier in Ecuador jeder, den man darauf anspricht, ein wenig anders – ganz nach seinem persönlichen Geschmack.

Kevin Kugel mit Cristoval von El Senor de Caballos © Sarah Krobath

Kevin Kugel mit Cristoval von El Senor de Caballos © Sarah Krobath

Fragt man Cristoval, der fast schon sein ganzes Leben lang für die Familie Soto Mayor die zum idyllischen Hotel und Spa El Senor de los Caballos gehörige Kakaoplantage leitet, erfährt man, dass seiner Meinung nach alles, was in Ecuador an Kakao wächst, im Grunde „Arriba“ ist. Sowohl der Kakao von kleinen Kakaofarmen flussabwärts, als auch jener der großen Monokultur-Plantage, durch die er uns mit seinem weißen Panamahut auf dem Kopf stolz wie ein Sheriff geleitet. Auch damit, dass sich im Grunde nur Arriba nennen darf, was von der Edelkakaosorte Criollo* abstammt, nimmt er es nicht so genau. Der CCN51-Kakao** der Plantage von El Senor de los Caballos hat für ihn nicht weniger Arriba-Potenzial als jede andere Sorte – hauptsache die Bäume befinden sich in Ecuador.

Hazienda Rancho Grande © Sarah Krobath

Hazienda Rancho Grande © Sarah Krobath

Für Mina und Ruben de Caicedo von der Hazienda Rancho Grande kommt es bei ihrem Cacao Arriba, der zu einem der 16 wichtigsten weltweit zählt, in erster Linie auf die Erde an. Die sei in Vinces, dem Standort des seit 100 Jahren und drei Generationen in Familienbesitz befindlichen Landguts, besonders ideal. Was Arriba ausmacht, ist sein fruchtiger Geschmack. Und für den spielt wiederum die Fremdbestäubung eine wesentliche Rolle.

Das erste Mal, dass ich eine Ananaspflanze sehe © Sarah Krobath

So wächst übrigens eine Ananas

Wenn Mina beim Spaziergang durch ihren Garten meint „Todo crece“, kann man das ruhig wörtlich nehmen. Hier wächst wirklich alles. Der Anblick der dort sprießenden Artenvielfalt soll selbst einen französischen Botaniker einst sprachlos gemacht haben. Rings um das kleine Häuschen wachsen Ananas-, Feigen- und Tamarindenbäume, an einigen schlingt sich eine Vanillepflanze hinauf, Lemongrass, Ginseng, Yuccawurzeln und Datteln stehen als Nachbarn neben Granatäpfeln, Mangos, Limonen und Guaven. Ein Paradies auf Erden, in dem alle Pflanzen in Harmonie miteinander leben und sich auch hinsichtlich ihrer Aromen gegenseitig bereichern, so Minas Überzeugung.

Ruben, Mina, ich und Bürgermeister Villasagua Santana © Sarah Krobath

Ruben, Mina, ich und Bürgermeister Villasagua Santana © Sarah Krobath

Die sympathische ältere Dame, die wie sie selbst sagt unter Kakaobäumen geboren worden ist, einen Kakaobauern geheiratet hat und wahrscheinlich auch unter einem Kakaobaum ihren letzten Atemzug tun wird, setzt sich dafür ein, dass neben hochwertigem Kakao auch Pflanzenarten, die in dieser Gegend in Vergessenheit geraten und beinahe ausgestorben sind, wieder in Vinces angebaut werden. Bürgermeister Cristian Villasagua Santana unterstützt sie dabei.

Schwedische Schokolade mit Kakao von Rancho Grande

Schwedische Schokolade mit Kakao von Rancho Grande

„Die Biodiversität und der Mix der Früchte kombiniert mit dem Fermentationsprozess machen den Unterschied im Aroma“, erklärt er uns beim Mittagessen begeistert bei Truthahn mit Kakaofüllung und Reis, dazu frischem Guaven- und Tamarindensaft aus dem Garten.

Der Erfolg von Rancho Grande gibt Mina und Ruben recht – ihr Fino Aroma Kakao wird direkt in die Schweiz und nach Deutschland exportiert und in Schweden gibt es sogar eine eigene Schokolade, auf deren Verpackung die Geschichte der Hazienda erzählt wird. Bis jetzt werden die Kakaobohnen vor Ort nur fermentiert und auf Bambus getrocknet, demnächst soll mit Hilfe der Regierung aber eine Maschine zur Herstellung von Schokoladenpaste angeschafft werden, ein Kakaomuseum in Vinces ist ebenfalls geplant.

Der exotische Garten Eden von Rancho Grande © Sarah Krobath

Der exotische Garten Eden von Rancho Grande © Sarah Krobath

Die Kakaoplantage Camino Verde in Balao, die wir heute besucht haben, liegt flussabwärts von Guayaquil. Der Bio-Kakao, der dort auf 80 Hektar wächst, müsste daher folgerichtig „Abajo“ statt „Arriba“ genannt werden. Warum Manager Vicente Norero auch nicht von Nacional, sondern von Neonacional spricht und welche bunt gekreuzten Kakaopflanzen in seinem 5 Hektar großen „Spielplatz“ wachsen, ist aber wieder eine andere Geschichte.

* Criollo gilt aufgrund seines ausbalancierten, runden Aromas, der milden Säure und feinen nussig-caramelligen Noten als der edelste und damit auch teuerste Kakao. Auch wenn die ursprüngliche Sorte heute kaum noch auftritt, ist sie doch Ahne vieler heute verbreiteter Edelkakaos.

** CCN51 steht  für Collection Castro Naranjal 51 – ein Hybrid aus den Sorten Nacional (Synonym für Arriba, Kakao mit Criollo-Abstammung) und Trinitario, der beim 51. Versuch des Kakaozüchters Castro Naranjal entstanden ist. Der Konsumkakao ist verglichen mit Edelkakaosorten zwar robuster und ertragreicher, aber bekanntlich auch weniger aromatisch.

Eine Pralinenschachtel, wie das Leben sein sollte.

18 Okt

Bild: © Sarah Krobath

Forrest Gump vergleicht das Leben mit einer Schachtel Pralinen. Weil man, ihm zufolge, nie weiß, was man bekommt. Naja, ginge es nach den Bonbonieren, die unsereins in Kindertagen von der Anni Tant, der Mitzi Tant oder sonst einer wangenkneifenden Großtante zugesteckt bekommen hat, wäre das Leben zwar picksüß aber sonst eher fad. Statt dem Biss in die wahrscheinlich kleinsten Kalorienbomben der Welt war der Moment der größten Ungewissheit bei diesen Geschenken immer der Blick aufs Ablaufdatum. Nougat. Marzipan. Amaretto. Was soll sonst schon großartig drinnen sein in so einem standardisierten Schokoladewürfel? Eventuell noch Krokant oder Kaffee. Sobald man erst einmal durchschaut hat, dass die dunkelsten Stücke meist die mit Marzipan sind, jene mit Mokkabohnenhütchen den Bauch voll Kaffeecreme haben und die im Goldpapierl mit Nougat gefüllt sind, hält sich die Überraschung bei industriell gefertigten Pralinen in Grenzen. Weiterlesen

Von schwarzen Perlen bis zu einem besseren Bounty.

10 Nov

© Jürgen Schmücking

Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie was man bekommt? Ganz anders beim FiBL-Tastingforum – wenn Reinhard Geßl zu einer Pralinenverkostung lädt, weiß man nämlich ganz genau was man kriegt: Sicher keine schnöde Milchschokolade oder picksüße Schokoriegel, sondern nur feinstes Bio-Konfekt. Von einem sehr guten Bounty, über eine extreme Chili-Explosion bis hin zum alten Schoko-Osterhasen war den Assoziationen der dreißig Anwesenden zufolge alles dabei. Den Anfang machte eine Criollo-Bohne, quasi die First Lady der Kakaosorten. Daraufhin konnte man sich nicht nur die großteils veganen Schokoladekreationen, sondern auch deren Namen auf der Zunge zergehen lassen. Da wären zum Beispiel die dänische Haselnuss-Schokoladencreme „Rembrandt’s“ in der Silbertube aus dem Hause Summerbird oder das Konfekt „Booja Booja“ aus England, welches sogleich den Titel „Bunga Bunga unter den Pralinen“ erhielt. Aber auch Österreich machte im internationalen Schokovergleich – dem kakaohaltigen Ideenschatz von Josef Zotter sei Dank – eine gute Figur. Um die ihre mussten sich die versammelten Verkoster auch keine Sorgen machen, schließlich stand bei der Verkostung der Genuss und nicht der Überfluss im Vordergrund.

© Jürgen Schmücking

Nach einer kurzen, appetitanregenden Einführung in die Welt des beliebten Genuss- und Suchtmittels und der enttäuschenden Erkenntnis, dass man Schokolade nicht einfach zuhause herstellen kann, wurde in den Räumlichkeiten der BOKU hochkonzentriert geschnuppert und geknabbert. Hochprozentig war hingegen die Begleitung aus Bio-Süßweinen und Likören, die Jürgen Schmücking vom Bio-Genussmarketing eigens für die Verkostung ausgewählt hatte. Davon ließen sich die Geschmacksnerven der Anwesenden aber nicht weiter beirren und schmeckten einen Großteil der Zutaten, vor allem die fruchtigen, treffsicher heraus. Lediglich Schilchercreme und Maronenfülle ließen ihre Genießer im Dunkeln tappen. Dafür wurden Propolis und Kurkuma erschmeckt, obwohl in den Pralinen davon keine Spur war. Liegt vielleicht daran, dass wir nach Kombinationen wie Schweinsgrammeln mit Nougat und Forelle mit Kokos automatisch mit etwas Ausgefallenem rechnen. Dabei braucht es für richtig gute Schokolade nicht mehr als richtig guten Kakao und am besten mindestens 70 Prozent davon.